Barrierefreiheit ist nicht nur ein Thema für Websites und Apps – auch E-Mails müssen für alle Menschen zugänglich sein. Gerade im Newsletter- und Kampagnenversand erreichen Unternehmen täglich tausende Nutzerinnen und Nutzer. Umso wichtiger ist es, dass diese Inhalte klar strukturiert, gut lesbar und auch mit assistiven Technologien erfassbar sind.
Mit dem Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) im Juni 2025 rückt auch die E-Mail-Kommunikation stärker in den Fokus. Zwar ist nicht jede Mail direkt betroffen, doch für viele Unternehmen – besonders im B2C-Bereich – gelten konkrete Anforderungen. Wer hier frühzeitig handelt, verbessert nicht nur die Rechtskonformität, sondern auch die Reichweite, Nutzerzufriedenheit und Markenwahrnehmung.
Barrierefreie E-Mails sind so gestaltet, dass sie auch von Menschen mit Einschränkungen problemlos gelesen und genutzt werden können. Dazu zählen Menschen mit Sehbehinderungen, motorischen oder kognitiven Einschränkungen. Das Ziel ist, dass Inhalte verständlich sind, Strukturen klar erkennbar bleiben und keine technischen Hürden entstehen.
Anders als bei rein responsivem Design geht es bei der Barrierefreiheit nicht nur um die Darstellung auf mobilen Geräten, sondern um eine umfassende Nutzbarkeit – unabhängig von den individuellen Fähigkeiten oder genutzten Hilfsmitteln. Dazu gehören z. B. Screenreader-Kompatibilität, logische Lesereihenfolge oder auch beschreibende Alternativtexte für Bilder.
Die rechtliche Lage ist differenziert: Das BFSG verpflichtet Unternehmen ab dem 28. Juni 2025 dazu, bestimmte digitale Dienstleistungen barrierefrei anzubieten – vor allem im B2C-Bereich. Dazu zählen auch Produkt- oder Servicebeschreibungen, die in E-Mails kommuniziert werden, etwa im Rahmen von Newslettern, Bestellbestätigungen oder digitalen Vertragsabschlüssen.
Rein werbliche Inhalte fallen derzeit nicht pauschal unter die Pflicht, dennoch empfiehlt es sich, alle digitalen Kommunikationsformen barrierefrei zu gestalten – nicht nur aus rechtlichen Gründen, sondern auch als Zeichen von Inklusion und digitaler Reife.
Eine barrierefreie E-Mail beginnt mit einem klaren, reduzierten Aufbau. Idealerweise wird ein einspaltiges Layout verwendet – das erleichtert die Lesbarkeit und sorgt für eine lineare Darstellung bei Screenreadern.
Der Inhaltsbereich sollte zwischen 600 und 650 Pixel breit sein – das sorgt für gute Lesbarkeit in allen gängigen E-Mail-Clients und gewährleistet eine klare visuelle Führung.
Inhalte sollten optisch voneinander abgegrenzt sein, z. B. durch Rahmen, Hintergrundfarben oder Abstände, um die Struktur auch visuell erkennbar zu machen.
Ausreichend Whitespace – also gezielt eingesetzte Leerflächen – verbessert die Orientierung und reduziert die kognitive Belastung beim Lesen.
Eine klare Überschriften-Hierarchie und gut strukturierte Absätze unterstützen das schnelle Erfassen und Verstehen der Inhalte – sowohl visuell als auch mit assistiven Technologien.
Eine gute Lesbarkeit ist die Grundlage barrierefreier Kommunikation – sie beeinflusst, wie verständlich und zugänglich Inhalte wahrgenommen werden.
Dabei gelten folgende Gestaltungsprinzipien für barrierefreie Typografie in E-Mails:
Serifenlose Schriftarten wie Arial oder Verdana sorgen für bessere Lesbarkeit auf digitalen Geräten.
Die Mindestschriftgröße sollte bei 15 Pixel liegen, um auch bei niedriger Auflösung gut lesbar zu bleiben.
Ein Zeilenabstand von 130 bis 140 % verbessert die Textstruktur und verhindert visuelle Überlagerungen.
Textzeilen sollten nach spätestens 70 Zeichen umbrechen, um den Lesefluss nicht zu stören.
Linksbündige, konsistente Formatierung erhöht die Orientierung – zentrierte oder blocksatzartige Texte sind zu vermeiden.
GROSSBUCHSTABEN im Fließtext sollten vermieden werden, da sie schwerer lesbar sind und von Screenreadern teils anders interpretiert werden.
Barrierefreiheit beginnt bereits beim Wording – besonders im E-Mail-Marketing, wo Aufmerksamkeitsspannen kurz sind.
Die Sprache in E-Mails spielt eine zentrale Rolle für die Barrierefreiheit. Komplexe Satzkonstruktionen, Fachbegriffe oder mehrdeutige Formulierungen können das Verständnis erheblich erschweren – insbesondere für Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder geringer Lesekompetenz.
Für barrierefreie Kommunikation gelten daher folgende Sprachprinzipien:
Sätze sollten kurz und präzise formuliert sein, ohne verschachtelte Strukturen.
Fachbegriffe und Fremdwörter sind möglichst zu vermeiden oder bei Verwendung klar zu erklären.
Die Verwendung einer aktiven, direkten Sprache erleichtert die inhaltliche Erfassung (z. B. „Jetzt anmelden“ statt „Sie haben die Möglichkeit, sich anzumelden“).
Eindeutige Aussagen ohne Ironie oder Doppeldeutigkeit fördern das Verständnis und verhindern Missinterpretationen.
Visuelle Inhalte wie Bilder, Piktogramme oder Animationen sind fester Bestandteil im E-Mail-Marketing – gleichzeitig stellen sie eine häufige Barriere dar, wenn sie nicht barrieregerecht eingebunden werden. Für eine inklusive Gestaltung gelten folgende Anforderungen:
Alle Bilder müssen mit einem aussagekräftigen Alternativtext (Alt-Text) versehen sein, der den Inhalt oder die Funktion des Bildes beschreibt.
Wichtige Informationen dürfen nicht ausschließlich visuell übermittelt werden. Inhalte müssen stets auch in Textform oder über andere zugängliche Wege verfügbar sein.
Auf blinkende oder stark animierte GIFs sollte verzichtet werden, da sie für Menschen mit neurologischen Einschränkungen belastend oder auslösend wirken können.
Grafiken müssen ausreichend kontrastreich und skalierbar sein, damit sie auch bei eingeschränktem Sehvermögen erkennbar bleiben.
Interaktive Elemente wie Links, Buttons oder Formulare sind zentrale Bestandteile im E-Mail-Marketing. Damit auch sie barrierefrei nutzbar sind, müssen sie klar erkennbar, gut erreichbar und eindeutig verständlich sein. Folgende Anforderungen sind dabei zu berücksichtigen:
Linktexte müssen eindeutig und beschreibend formuliert sein. Statt allgemeiner Formulierungen wie „hier klicken“ sollten zielgerichtete Aussagen verwendet werden, z. B. „Jetzt Produktdetails anzeigen“.
Ausreichender Abstand zwischen mehreren Links oder klickbaren Elementen erleichtert die Bedienung – insbesondere auf Touch-Geräten oder bei eingeschränkter Feinmotorik.
Call-to-Actions (CTAs) sollten als klar erkennbare Buttons gestaltet sein. Farbkontraste, Umrandungen oder visuelle Zustände wie Hover-Effekte helfen, sie vom restlichen Text abzuheben und als interaktive Elemente zu kennzeichnen.
Verlinkte Bilder müssen mit dem CTA verknüpft sein und dürfen nicht lediglich dekorativ eingebunden werden. So wird sichergestellt, dass die Funktionalität auch dann erhalten bleibt, wenn das Bild nicht korrekt geladen wird oder von assistiven Technologien interpretiert wird.
Formulare in E-Mails – etwa zur Anmeldung, für Umfragen oder Feedback – müssen ebenfalls barrierefrei gestaltet sein, da sie einen wichtigen Bestandteil der Nutzerinteraktion darstellen.
Dabei sind folgende Anforderungen zu berücksichtigen:
Alle Formularfelder müssen per Tastatur erreichbar sein, mit korrekt gesetzter Tab-Reihenfolge.
Fehlermeldungen sollten klar verständlich und visuell deutlich erkennbar sein, z. B. durch Text- und Farbhinweise.
Unnötige Pflichtfelder oder komplexe Captchas können Nutzer:innen mit Einschränkungen ausbremsen und sollten vermieden werden. Falls ein Captcha erforderlich ist, sollte eine barrierearme Variante verwendet werden – z. B. mit audiounterstützter Lösung oder klarer Tastaturbedienbarkeit.
Labels und Beschreibungen müssen eindeutig zugeordnet und verständlich formuliert sein.
Barrierefreiheit ist kein statisches Ziel, sondern ein fortlaufender Prozess, der regelmäßige Prüfung und Anpassung erfordert. Eine kontinuierliche Evaluation hilft dabei, Schwachstellen frühzeitig zu erkennen und die E-Mail-Kommunikation langfristig inklusiv weiterzuentwickeln.
Für die Qualitätssicherung barrierefreier E-Mails sind folgende Maßnahmen empfehlenswert:
Kompatibilität mit Screenreadern testen, z. B. mit NVDA (Windows) oder VoiceOver (macOS, iOS)
Darstellung auf unterschiedlichen Geräten und E-Mail-Clients prüfen, einschließlich Dark Mode
Lesbarkeit analysieren, z. B. mit dem Flesch-Index oder dem HIX-Tool
Feedback von Nutzer:innen einholen und ggf. mit Testgruppen oder Panels evaluieren
Die Umsetzung barrierefreier E-Mails erfordert keine grundlegende Neugestaltung – viele Optimierungen lassen sich bereits durch kleinere Anpassungen im bestehenden Workflow realisieren. Je mehr Barrierefreiheit systematisch in den E-Mail-Prozess integriert wird, desto nachhaltiger und effizienter ist die Wirkung.
Hilfreiche Maßnahmen und Tools im Überblick:
Viele gängige E-Mail-Builder wie Mailchimp, CleverReach oder HubSpot bieten responsive, barrierearme Vorlagen – diese sollten jedoch individuell überprüft und ggf. angepasst werden.
Tools wie das WAVE Accessibility Tool oder Google Lighthouse unterstützen bei der technischen Prüfung von Struktur, Kontrast und Semantik.
Alt-Texte, Farbkontraste, semantische Strukturen und responsives Verhalten sollten fest in den Redaktionsprozess eingebunden werden.
– intern, durch Assistenzsoftware oder im Rahmen eines externen Audits.
Barrierefreiheit im E-Mail-Marketing ist kein Zusatz, sondern ein Qualitätsmerkmal. Wer frühzeitig umsetzt, erfüllt nicht nur gesetzliche Anforderungen, sondern verbessert Reichweite, Usability und Markenerlebnis – für alle.
Wenn E-Mails Informationen zu Produkten oder Dienstleistungen enthalten – insbesondere im B2C-Kontext –, können sie unter das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) fallen. Zwar besteht keine generelle Pflicht für alle E-Mails, doch barrierefreie Gestaltung ist in vielen Fällen rechtlich relevant und stets empfehlenswert.
Responsive E-Mails passen sich verschiedenen Bildschirmgrößen an. Barrierefreie E-Mails gehen darüber hinaus: Sie berücksichtigen die Lesbarkeit, semantische Struktur, Tastaturbedienung, Alt-Texte und Screenreader-Kompatibilität. Beide Konzepte ergänzen sich, sind aber nicht identisch.
Die technische Umsetzung orientiert sich an den allgemeinen Anforderungen der WCAG (Web Content Accessibility Guidelines) und Prinzipien der EN 301 549. E-Mail-spezifisch gelten darüber hinaus Empfehlungen zu Layout, Schrift, Semantik und Interaktionsdesign.
Hilfreiche Tools sind z. B.:
– WAVE Accessibility Tool
– Google Lighthouse
– Litmus für E-Mail-Tests inkl. Kontraste und Screenreader
Alt-Texte sollten den Zweck oder Inhalt des Bildes klar beschreiben – ohne überflüssige Details. Beispiel: alt=“Frau überprüft Rechnung auf einem Tablet“. Dekorative Bilder benötigen keinen Alt-Text (alt=““), um Screenreader nicht unnötig zu belasten.
Barrierefreie CTAs:
– Klar erkennbar (als Buttons gestaltet)
– Deutlicher Farbkontrast
– Aussagekräftiger Text (z. B. „Jetzt buchen“)
– Ausreichender Abstand zu anderen Elementen für Touchbedienung
– Fehlende oder unpassende Alt-Texte
– Unleserliche Schriftgrößen oder Kontraste
– Nicht lineare Layouts (z. B. mehrspaltig)
– Mehrdeutige Linktexte („hier“)
– Interaktive Elemente ohne Tastaturbedienbarkeit
Ja, auch wenn die gesetzliche Verpflichtung primär den B2C-Bereich betrifft, bietet Barrierefreiheit auch im B2B-Kontext Vorteile: bessere Lesbarkeit, professioneller Eindruck, technische Sauberkeit und breitere Zielgruppenansprache.
Max von Groll verbindet technisches Know-how mit einem tiefen Interesse an der Beziehung zwischen Mensch und Technologie. Sein Fokus liegt auf barrierefreier Webentwicklung – dabei kombiniert er eigene Tools mit etablierten Prüfverfahren zur Analyse digitaler Barrierefreiheit.
Online Marketing Agentur Berlin » Blog: News zu SEO, SEA & Social Media Optimierung aus Berlin » Barrierefreie E-Mails erstellen: Anforderungen, Praxis-Tipps & rechtlicher Rahmen (2025)